Unsere Forderungen:

1. Die Namens- und Personenstandsänderung muss ein würdevoller und unkomplizierter Vorgang sein, der allen Bürger*innen zur Verfügung steht.
Nach §4 Abs. 3 TSG kann die Namens- und Personenstandsänderung nur stattfinden, wenn zwei unabhängige psychologische Gutachten angefertigt werden. Antragstellende müssen sich daher einem langwierigen, kostspieligen und oft entwürdigendem Verfahren stellen. Daher fordern wir eine drastische Vereinfachung des Verfahrens. Eine simple Erklärung vor dem zuständigen Standesamt soll ausreichen um den Personenstand zu ändern. Mit der sollen dann auch neue Vornamen bestimmt werden können. Das Wegfallen von zwei unabhängigen Gutachten verbessert dabei nicht nur die Dauer und Zugänglichkeit des Verfahrens, sondern senkt auch die Kosten, die dem Staat und den Antragstellenden entstehen. Für Trans*-, Inter*- und nicht-binäre Personen ergibt sich dadurch außerdem ein psychisch weniger belastendes Verfahren.
2. Es muss allen Bürger*innen frei stehen, die Angabe zu ihrem Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag nach eigenem Ermessen durch gültige Angaben zu ersetzen oder komplett zu entfernen.
Durch die drastische Vereinfachung des Verfahrens zur Namens- und Personenstandsänderung muss zumindest die Möglichkeit, die Geschlechtsangabe in “männlich/weiblich/divers” (die gültigen Geschlechtsangaben nach §22 Abs. 3 Personenstandsgesetz (PStG)[4]) zu ändern, allen Bürger*innen offen stehen. Wir fordern zusätzlich die Möglichkeit, die Geschlechtsangabe komplett zu entfernen. §22 Abs. 3 PStG erlaubt die Möglichkeit, den Personenstandsfall ohne Geschlechtsangabe einzutragen. Eine Streichung der Geschlechtsangabe für eine Person ohne intergeschlechtliche Merkmale wurde 2017 zum ersten Mal erreicht.[5] Daher fällt das komplette Entfernen der Geschlechtsangabe unter geschlechtliche Selbstbestimmung und muss für alle Bürger*innen schnell und transparent möglich sein, unabhängig von ihrem Alter, gesundheitlichem Zustand oder finanzieller Situation.
3. Der vom Grundgesetz gewährleistete Schutz der Geschlechtsidentität muss umgesetzt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat 2017 beschlossen, dass die geschlechtliche Identität vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt ist.[6] Dennoch sind Trans*-, Inter*- und nicht-binäre Personen weiterhin Drohungen, Ausgrenzungen, Spott oder Gewalt aufgrund ihrer Geschlechtsidentität ausgesetzt. So berichtet der MANEO-Report 2019 allein in Berlin von 50 Fällen mit trans*phobem Hintergrund.[7] Wir fordern daher eine konsequente und effektive Antidiskriminierungspolitik.
4. Das Offenbarungsverbot des vorherigen Namens und der vorherigen Geschlechtsidentität muss konkret und umsetzbar formuliert werden. Dazu zählt, dass ein Verstoß gegen das Offenbarungsverbot (z.B. das Bekanntmachen des vorherigen Namens) mit diskriminierender und schädigender Absicht strafbar ist. Staatliche Stellen sollen nur mit konkretem Grund Zugriff auf vorherige geschlechtliche Merkmale haben, die Polizei nur mit richterlichem Beschluss.
Das Offenbaren des vorher geführten Namens oder der vorher geführten Geschlechtsidentität mit diskriminierender und schädigender Absicht ist oft eine Quelle weiterer trans*feindlicher Handlungen wie Drohungen, Ausgrenzungen, Spott oder Gewalt. Wir fordern eine klare Rechtslage zu trans*feindlichen Handlungen, die Trans*-, Inter*- und nicht-binäre Personen schützt. Ein notwendiger Schritt dafür ist die Überarbeitung und Verschärfung des Offenbarungsverbots. Das bisherige Offenbarungsverbot (§5 TSG) regelt die Rechtslage zur Offenbarung der vorherigen Geschlechtsidentität und damit verbundenen Merkmalen für die heutige Zeit nur unzureichend. Wir fordern, dass staatliche und nichtstaatliche Stellen sowie nicht-private Personen alle Hinweise auf vorherige Vornamen oder vorherige Geschlechtsidentität löschen müssen, sobald sie wissen, dass ein geänderter Personenstand vorliegt. Das bedeutet das Ersetzen des vorherigen Vornamens oder der vorherigen Geschlechtsidentität mit dem neuen Sachstand in allen Einträgen, bei denen diese Möglichkeit besteht. Privatpersonen mit enger persönlicher Beziehung (wie Eltern, Kinder, Ehe- oder Lebenspartner) dürfen die vorherige Geschlechtsidentität ebenfalls nicht ohne Notwendigkeit offenbaren.
5. Zwangssterilisierte Trans*personen müssen finanziell entschädigt werden.
Nach §8 Abs. 1 Nr. 3 TSG ist “dauerhafte Fortpflanzungsunfähigkeit” eine Voraussetzung für die Änderung des Personenstandes. Diese Voraussetzung wurde 2011 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig und folglich nicht anwendbar erkannt.[3] Von der vorherigen Regelung ist eine noch unbekannte Anzahl an Trans*-, Inter*- oder nicht-binären Personen betroffen, die sich zur Namens- und Personenstandsänderung entsprechend ihrer Geschlechtsidentität einer Zwangssterilisierung unterziehen mussten. Sie haben bis heute keine Entschädigung bekommen. Wir begrüßen, dass diese verfassungswidrige Praxis abgeschafft wurde und fordern eine angemessene finanzielle Entschädigung aller Betroffenen.
6. Nicht-lebensnotwendige Operationen an intergeschlechtlichen Neugeborenen müssen verboten werden. Eine Entschädigung bisher Betroffener ist selbstverständlich.
In Deutschland werden an Neugeborenen immer noch genitalverändernde Operationen durchgeführt, wenn sie nicht mit eindeutigem Geschlecht zur Welt kommen.[8][9] Diese Operationen haben in der Regel keinen medizinischen Nutzen und dienen nur dazu, das Geschlecht eindeutiger erscheinen zu lassen. Betroffenen wird durch diese Operationen unnötiges körperliches und psychisches Leid zugefügt, die körperliche Autonomie verletzt. Wir fordern ein Verbot nicht-lebensnotwendiger genitalverändernder Operationen an Kindern. Für spätere Operationen fordern wir eine Gesetzeslage, die das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Person respektiert. Zusätzlich fordern wir eine angemessene Entschädigung für bisherige Betroffene, deren Menschenrecht auf Selbstbestimmung dadurch verletzt wurde.
Quellen & weitere Informationen